Wie der Salon des Créateurs Gründer und Design-Profis zusammenbringt - Gute Ideen treffen auf gute Gestaltung. Das ist der Gedanke hinter dem Salon des Créateurs, der seit April 2018 insgesamt dreimal in Dortmund und Bochum stattgefunden hat. Ermöglicht wird der Salon des Créateurs durch die Initiativkreis Ruhr GmbH und die Design Metropole Ruhr. Hier ist man der Meinung, dass Design schon in der Entwicklungsphase von Produkten und Dienstleistungen eine wichtige Rolle spielt. Viel zu oft wird dieser Aspekt aber vernachlässigt.
Daher das Konzept: Gründer - oder solche, die es werden wollen - aus dem Revier stellen ihre Geschäftsidee mittels Kurzvorstellung bei einem sogenannten „Pitch“ einer Jury vor. Ebenfalls anwesend bei diesen „Pitches“ sind eine Auswahl an Designbüros aus der Metropole Ruhr. Sie stellen als sogenanntes „Sounding Board“ Fragen an die Gründer. Die Jury wählt unter den Vorstellungen das Start-Up aus, das aus ihrer Sicht nicht nur eine gute Geschäftsidee hat, sondern auch am ehesten von einer Unterstützung durch erfahrene Designer profitieren würde. Denn das Gewinner- Start-Up darf unter den Designbüros des Sounding Boards dasjenige auswählen, von dem es Dienstleistungen im Wert von 5000 Euro in Anspruch nehmen möchte. Schließlich hat ein junger Gründer nicht unbedingt das Know-How, ein passendes Logo, eine ansprechende Website oder ganz allgemein einen stimmigen Markenauftritt zu kreieren. Auch im Zusammenhang mit der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen fehlt oft ein Designer als Mitdenker im Gründerteam. Da tut Unterstützung gut. Britta Dombrowe vom Initiativkreis Ruhr ist von den Vorteilen einer Zusammenarbeit von Startups und Designer überzeugt: „Der Initiativkreis möchte die Startup-Kultur stärken. Wir brauchen starke Gründergeschichten, die das Ruhrgebiet als Gründerregion bekannt machen. Konsequentes Design Thinking, Web Design und Produktdesign werden unsere Startups noch besser machen. Die Design-Szene im Ruhrgebiet ist gut aufgestellt. Wenn es uns gelingt, diese gebündelte Kompetenz mit unseren Startups zu verknüpfen, dann glaube ich fest daran, dass hier Erfolgsgeschichten entstehen.“
Aus den ersten drei Ausgaben des Salon des Créateurs gingen ViSenSys, FilChange und sentin als Gewinner hervor. Was haben sie sich von den Designern gewünscht, wie ist die Zusammenarbeit gelaufen und wie geht es jetzt weiter? Hinter ViSenSys aus Dortmund steckt André Ibisch mit seinem Team aus Informatikern und Elektrotechnikern. Sie haben das Konzept eines „Intelligenten Beobachters“ entwickelt – eine Software, die es ermöglicht, die Aufnahmen von Multikamerasystemen so auszuwerten, dass menschliche Beobachter, etwa Wachleute oder Sicherheitsdienste, bei ihrer Arbeit entlastet und unterstützt werden. So kann beispielsweise das bildverarbeitende System anonym Personen in einem Bus oder einer Bahn sehr genau zählen oder einen stehengelassenen Koffer auf einem Bahnsteig erkennen. Personenbezogene Daten werden dabei aber nicht gesammelt. Also kein orwellsches „Big Brother is watching you“, sondern vor allem eine Verbesserung der Sicherheit. Doch wie bringt man dieses Konzept am besten rüber? Amüsiert erinnert sich André Ibisch an den Auftritt, den er und seine Mitstreiter beim Salon des Créateurs hatten: „Wir waren von allen an diesem Abend am schlechtesten aufgestellt. Unsere Folien waren rein wissenschaftlich orientiert, unser Logo sah selbstgemacht aus – was es ja auch war –und alles sah einfach überhaupt nicht cool aus.“ Hilfe gab es von der Bochumer Agentur 9elements.
„Das Produkt von ViSenSys fanden wir superspannend. Aber wir haben eine Weile gebraucht, um zu verstehen, was die da eigentlich machen.“ „Da hilft es schon, die Dramaturgie des Vortrags über das Produkt ein wenig zu verändern“,
erklärt Nils Binder. 9elements haben sich aber vor allem um ein professionelles Logo und die Grundlagen für einen einheitlichen Firmenauftritt gekümmert, sowie eine Website entworfen. Noch ist die aber nicht online gegangen. Und auch an den eigentlichen Knackpunkt - wie lässt sich das Produkt professionell und nachvollziehbar vor Kunden am besten darstellen - sind ViSenSys und 9elements in der Kürze der Zeit und mit dem Umfang der finanziellen Unterstützung noch nicht gekommen. „Das ist natürlich ein bisschen schade“, findet Designer Nils Binder. „Genau an diesem Punkt wird es ja richtig interessant.“ Aber was nicht ist, kann durchaus noch werden. Denn André Ibisch von ViSenSys betont: „Die Zusammenarbeit war super! Und jetzt sehen unsere Folien cool aus, wir haben ein schönes Logo. Ich bin sehr zufrieden.“ Er kann sich daher durchaus vorstellen, weiter mit 9elements zu arbeiten - sobald Zeit und Budget es erlauben. Denn auch, wenn sein Blick für ein ansprechendes Design jetzt ein bisschen geschult ist, erklärt Ibisch: „Selber zutrauen würde ich mir das immer noch nicht.“ Ähnlich sieht das Philipp Kemper.
„Schuster, bleib bei deinen Leisten!“,
bringt es der Maschinenbauer auf den Punkt. Er und Jasper Gruson stehen hinter der Idee von FilChange: dem Einsatz eines neuartigen 3D-Drucksystems, das verschiedene Kunststoffmaterialien und -farben für ein Produkt kombinieren kann. Und dabei weder Unterbrechungen benötigt, noch Abfälle produziert. Entstanden ist die Idee im Rahmen eines Projekts im Master-Studiengang Maschinenbau an der Technischen Universität Dortmund. Das Patent ist bereits angemeldet, konstruiert sind die einzelnen Komponenten des Druckers schon, nur gebaut muss er noch werden. Und dann will das Dortmunder Team als Start-Up direkt von der Uni ausgründen. „Wir möchten als Dienstleister auftreten, die Produkte als Auftragsarbeit mit dem Drucker herstellen“, erklärt Philipp Kemper. Auftraggeber könnten aus dem Maschinenbau oder aus dem Sanitätsbereich stammen. Orthesen und Prothesen profitieren beispielsweise davon, wenn sowohl dämpfende, als auch feste oder flexible Kunststoffe miteinander kombiniert werden. Überzeugen konnte FilChange bereits beim Wettbewerb „Start-up-Hochschul-Ausgründungen NRW“ und kann sich jetzt über eine anderthalbjährige Förderung freuen. Doch nach der Ausgründung wird das Unternehmen weitere finanzielle Mittel benötigen. Um hier einen professionellen Öffentlichkeitsauftritt hinlegen zu können, war eine Unterstützung auf der Design-Ebene nötig. Beim Salon des Créateurs entschieden sich Kemper und Gruson für Beckdesign aus Bochum. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis“, sagt Philipp Kemper. „Natürlich hatten wir schon ein provisorisches Logo gemacht. Das gehört aber nicht gerade zu unseren Kernkompetenzen.“
Dass Philipp Kemper einer ist, der die eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzt, war Guido Beck von Beckdesign
"Und dann kann auch das Design, das mit einem kleinen Budget in kurzer Zeit entsteht, wie ein kleiner Motor wirken, der das Unternehmen ein ganzes Stück nach vorne schiebt.“
gleich beim Auftritt von FilChange im Salon des Créateurs klar. „Wenn ich in der Jury gesessen hätte, hätte ich auch für ihn gevotet. Ich glaube, dass er nicht dazu neigt, verblendet oder zu euphorisch in Bezug auf das zu sein, was er kann.“ Auch das Produkt überzeugte den Designer: „Wenn die Technik erst funktioniert, kann das ganz weit nach vorne gehen.“ Da passte es wunderbar, dass Philipp Kemper sich im Namen von FilChange für eine Zusammenarbeit mit Beckdesign entschied. Da der 3D-Drucker aber noch gebaut werden muss, ging es hier wieder einmal vor allem darum, ein gutes Logo und eine grundlegende Geschäftsausstattung mit Visitenkarten, Briefpapier und Ähnlichem zu schaffen. Auch der Webauftritt ist bereits geplant:
Auf einem einfachen One-Pager können zukünftige Kunden, Sponsoren und alle Interessierten auf dem Blog mitverfolgen, wie weit die Jungunternehmer mit ihrer Idee gerade sind. Für Guido Beck war die Zusammenarbeit mit den Dortmundern „sehr angenehm. Manchmal arbeitet man ja mit Unternehmen zusammen, denen man erst mal erklären muss, dass beispielsweise eine Bildergeschichte als Logo ungeeignet ist. Das war hier überhaupt nicht der Fall. Und dann kann auch das Design, das mit einem kleinen Budget in kurzer Zeit entsteht, wie ein kleiner Motor wirken, der das Unternehmen ein ganzes Stück nach vorne schiebt.“ Das Team hinter sentin aus Bochum und das ebenfalls in Bochum ansässige Designstudio Steinert hatten zwar schon ein erstes Kennenlerntreffen, haben die konkrete Zusammenarbeit jedoch vorläufig noch ein bisschen verschoben. Zunächst einmal müssen sentin festlegen, mit welchem Produkt sie genau an die Öffentlichkeit gehen wollen und ihre Geschäftsidee entsprechend ein bisschen vortesten. Die vier haben nämlich eher zu viele als zu wenig Ideen. Aktuell entwickeln sie ein System, das Röntgenbilder analysiert. Dabei geht es in erster Linie um Bilder, die in der Industrie aufgenommen werden. Etwa von Brücken oder Pipelines, um frühzeitig Fehler im Material aufspüren zu können. Kai Lichtenberg von sentin erklärt: „Solche Röntgenbilder werden häufiger gemacht, als man als Laie denkt. Sie müssen aber sinnvoll ausgewertet werden können. Dabei wollen wir helfen. Denn nicht immer lassen sich Fehler so leicht erkennen wie bei Röntgenaufnahmen, die beispielsweise Tortenproduzenten erstellen, um Kirschkerne im Produkt auszumachen.“ Das erste Projekt dazu führen sentin mit der Bochumer Firma VISUS Industry IT durch. Doch Kai Lichtenberg und seine Teamkollegen Maximilian Topp, Arkadius Gombus und Christian Els freuen sich bereits sehr auf die Zusammenarbeit mit den Profis vom Designstudio Steinert. Kai Lichtenberg von sentin:
„Wir haben zwar schon viel selber gemacht, Logos und einen Entwurf für das Corporate Design. Aber wir sind halt Laien in dem Bereich. Da brauchen wir einfach viel mehr Zeit als ein Design-Profi. Und wir brauchen Tipps, wie wir uns konsequent als Marke aufstellen.“
Genau dabei kann und will das Designstudio Steinert helfen. Alexandra Steinert: „Wir sind begeistert von den Ideen von sentin und sehen in dem Unternehmen ein unglaubliches Potential. Wir haben außerdem das Gefühl, dass wir gut zu ihnen passen, da wir genau wie sentin daran interessiert sind, schnelle, gute Lösungen zu finden. Da geht es jetzt weniger darum, denen einfach nur ein Logo zu verkaufen, sondern beratend zur Seite zu stehen, wenn es um eine Kommunikationsstrategie, den Aufbau der Marke geht.“ Kai Lichtenberg schätzt sie wohl richtig ein, wenn er sagt: „Ich glaube, die haben da auch richtig Bock drauf.“ Allzu lange Zeit sollten sie allerdings nicht verstreichen lassen, denn beim Salon des Créateurs ist es üblich, dass das jeweilige Gewinner-Team der vorherigen Veranstaltung seine Ergebnisse aus der Zusammenarbeit mit dem Designbüro präsentiert. Festgelegtes Budget - relativ kurzer Zeitrahmen: ein durchaus sinnvolles Prinzip, um schnelle Lösungen zu fördern. Und um die Start-Ups von vornherein professionell aufzustellen. Ein Konzept, das aufzugehen scheint.