Innovation Dream Team

  • Startups/Design
  • Veröffentlicht am 17.04.2018
Innovation Dream Team

Was haben Airbnb, Pinterest und Kickstarter gemeinsam? Die drei Online-Plattformen gehören nicht nur zu den erfolgreichsten und am schnellsten wachsenden Startups der vergangenen Jahre. Alle drei wurden von Designern mitgegründet.

Innovation Dream Team: Startups und Designer

Was haben Airbnb, Pinterest und Kickstarter gemeinsam? Die drei Online-Plattformen gehören nicht nur zu den erfolgreichsten und am schnellsten wachsenden Startups der vergangenen Jahre. Alle drei wurden von Designern mitgegründet.

Gutes Design wirkt sich positiv auf den Markterfolg neuer Produkte aus. Unternehmen, die User Experience bei der Produktentwicklung und ein starkes Branding radikal in den Vordergrund stellen, demonstrieren den Vorsprung durch Design genauso wie aktuelle Studien, wie die des britischen Design Councils. Danach wachsen Unternehmen wesentlich schneller und bestehen länger als der Durchschnitt, wenn sie professionelle Unterstützung im Designbereich erhalten.

Trotz des offensichtlichen Erfolgs designgetriebener Unternehmen wie Apple, Facebook & Co. spielt Design bei der Entwicklung innovativer Technologien oftmals immer noch eine unter- bzw. nachgeordnete Rolle – für Startups genauso wie für etablierte Unternehmen.

Wie die frühe Einbeziehung von Design in die Produktentwicklung den Erfolg am Markt beschleunigen und wie unterschiedlich die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Startups und Designern aussehen kann, das ist Thema des folgenden Beitrags mit Beispielen aus der Praxis von Sono Motors aus München und Mifitto aus Duisburg.

Design kann mehr als das Ding nur hübsch machen

Erstmal wird die Technologie entwickelt, um das Design kann man sich dann später noch kümmern. Besonders bei Hightech-Startups im B2B-Bereich ist diese Denkweise nicht unüblich. Design wird hier oftmals als Styling missverstanden, dessen einziger Zweck darin besteht, das innovative Produkt hübsch aussehen zu lassen.

Was bei dieser Herangehensweise oft zu kurz kommt oder erst zu spät bedacht wird, ist die Betrachtung des Nutzers bei der Handhabung des Produktes. Nicht das Aussehen als Selbstzweck ist entscheidend für Design, sondern das Nutzererlebnis, die sogenannte "User Experience". Wird diese nicht von vornherein mit in den Produktentwicklungsprozess mit einbezogen, läuft das Startup schnell Gefahr, am Nutzer vorbeizuentwickeln.

"Ein Produkt kann nur erfolgreich sein, wenn die Schnittstelle der Hardware zum Nutzer, also das Design, so gestaltet ist, dass sie von allen akzeptiert wird und ihr volles Potenzial ausgeschöpft werden kann", sagt Industriedesigner Oliver Lück von der Agentur Unyt aus Duisburg.

Bevor es überhaupt daran geht, konkret über Formgebung und Gestaltung des Produktes nachzudenken, gehört zum Designprozess vorab die genaue Beobachtung, Hinterfragung und Analyse der zukünftigen Nutzer und ihres Verhaltens. Gerade hier beweisen Designer mehr Um- und Weitsicht als die Entwickler der Technologie selbst.

“Einen Designer schon bei der Produktentwicklung mit dazuzuholen, ist auf jeden Fall zu empfehlen", sagt Thomas Harmes, Gründer des Duisburger Startups Mifitto. "Als Nicht-Designer denkt man an viele Dinge einfach nicht, die für Herstellung, Transport, Nutzung und später auch Wartung und Service sehr wichtig sind. Im Fall unserer 3D-Scanner fängt das mit der Klappe an, durch die der Computer in das Gehäuse muss, über Kabelläufe und Lüftungsschächte bis hin zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Stromsysteme in Europa und Amerika.”

Doch das Produktdesign ist nur ein Bereich, in dem Designer Startups unterstützen können. Wie Startups schon in der Prelaunch-Phase durch Design schneller erfolgreich werden können, darum geht's in den folgenden Abschnitten.

Vom Branding bis zu User Experience: So können Startups von Designern profitieren

Grafikdesign, Kommunikationsdesign, Industriedesign, Produktdesign... Die Bereiche, in denen Designer für Startups aktiv werden können sind vielfältig. Neben dem Produktdesign sollten Startups sich möglichst frühzeitig schon über ein stimmiges Branding Gedanken machen.

Eine klare Vision und ein überzeugender visueller Auftritt können über einen frühen Erfolg eines Startups entscheiden – sogar schon während der Prelaunch-Phase. Besonders in dieser frühen Entwicklungsstufe können Designer Startups dabei helfen, neue Technologien erlebbarer zu machen – sei es mit 3D-Visualisierungen, manuellen Skizzen, Wireframes oder Erklärvideos.

Darüber hinaus können mittels Storytelling und authentischem Branding schon früh erste Fans und Nutzer genauso überzeugt und mobilisiert werden wie Investoren.

Um als junges Unternehmen schnell am Markt erfolgreich zu sein, hält Navina Pernsteiner, Creative Director und Mitgründerin von Sono Motors, ein stimmiges Design von Beginn an für essentiell: "Gerade für ein Startup ist es sehr wichtig, von Anfang an eine klare Linie zu fahren, weil sich das Unternehmen so klar definieren und strukturieren kann. Angefangen beim Logo und der Bildsprache weitet sich diese Identität auch auf die anderen Unternehmensbereiche aus und spiegelt sich letztendlich auch im Produkt selbst wider."

Wie Sono Motors dank cleveren Brandings innerhalb weniger Monate tausende Fans und ein sechsstelliges-Investment generierte, davon erzählt das erste Best-Practice-Beispiel.

Beispiel Sono Motors: Mit cleverem Branding die Massen bewegen

Sono Motors ist ein Münchner Startup, das mit der Motivation, selbst Verantwortung für den Schutz der Umwelt zu übernehmen, das solarbetriebene Auto “Sion” entwickelt hat. Das besondere an Sono Motors ist, dass neben der technologischen Innovation das Design von Anfang an eine zentrale Rolle spielte. So gehört zum Gründer-Trio neben Jona Christians und Laurin Hahn, die noch während ihrer Schulzeit den ersten Prototypen des Solarautos entwickelten, auch die Kommunikationsdesignerin Navina Pernsteiner.

Nur ein halbes Jahr nach der Gründung im Januar 2016 schafften es die Drei mit einer Crowdfunding-Kampagne über 800.000 Euro für die Herstellung des ersten von zwei professionellen und voll funktionsfähigen Prototypen einzusammeln. Diese haben inzwischen über 8.000 Probefahrten in ganz Europa absolviert.

Teil des schnellen Erfolgs ist neben dem authentischen Auftritt des Gründerteams vor allem das starke Branding. Angefangen beim Logo, einem Kreis mit schwarzem Punkt in der Mitte, dem altägyptischen Zeichen für die Sonne, hat Navina Pernsteiner mit ihrem Team ein stimmiges Corporate Design entwickelt, das sich von Beginn an durch sämtliche Bereiche des inzwischen auf rund 40 Mitarbeiter angewachsenen Startups zieht.

"Für mich als Designerin im Team war es wichtig, zunächst einen visuellen Auftritt zu erschaffen, der einmalig ist, einen hohen Wiedererkennungswert hat und klar kommuniziert, was wir wollen: Ein einfaches, nachhaltiges und kosteneffizientes Auto zu gestalten, ohne viel Schnick Schnack, das sich jeder leisten kann."

Auch wenn für das Produktdesign ein Team aus dem Design-Technik-Bereich des Startups zuständig ist, gibt es eine enge Abstimmung mit Pernsteiner als Creative Director. "Das, woran wir glauben und was uns wichtig ist, nämlich Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen, das spiegelt sich auch in unserem Produkt wider, beispielsweise darin, dass wir uns als Ziel gesetzt haben, nur vegane Produkte und Teile im Sion zu verbauen. Dieser rote Faden zieht sich bei uns vom Anfang bis zum Ende durch."

Momentan arbeitet das Startup daran, den Sion in Serie zu produzieren. Die ersten 5.000 Solar-Fahrzeuge sollen Mitte 2019 auf den Markt kommen.

Nicht jedes Startup findet einen Designer als Teammitglied. Wie Startups mit externen Agenturen oder Freelancern erfolgreich zusammenarbeiten können, ist im folgenden Abschnitt das Thema.

Agil und unberechenbar: Die Zusammenarbeit von Startups und Designern

Gerade für Designagenturen unterscheidet sich die Zusammenarbeit mit Startups stark von der mit etablierten Unternehmen. Ist die Projektführung mit gestandenen Firmen meistens konventionell und stark an bestehende Prozesse gekoppelt, zeichnet sich die Zusammenarbeit mit Startups gerade dadurch aus, dass noch gar keine Prozesse bestehen.

“Das Spannende und gleichzeitig Herausfordernde an der Zusammenarbeit mit Startups ist zum einen, dass man an der Entwicklung von teilweise radikalen Produktinnovationen teilnehmen kann. Zum anderen ist die Arbeit mit Startups viel schneller, agiler und lebendiger", sagt Industriedesigner Oliver Lück.

Da gerade bei der Entwicklung neuer Technologien keine oder nur wenig Erfahrungswerte zum Verhalten der Nutzer und Kunden existieren, hat sich für Startups die Arbeit mit einem Minimum Viable Product bewährt und etabliert. Mit diesem auf das Wesentliche reduzierte Produkt werden Erfahrungswerte früher Nutzer gesammelt, die anschließend in den weiteren Entwicklungsprozess des Produktes fließen.

Diese schrittweise Entwicklung und Zusammenarbeit mit Designern kommt auch der besonderen finanziellen Situation von Startups entgegen, die gerade am Anfang meistens über ein nur knappes Budget verfügen. Für viele Designagenturen, die gern mit Startups zusammenarbeiten, haben sich bei der Finanzierung Beteiligungsmodelle etabliert.

Auch das Duisburger Startup Mifitto hat für die Entwicklung eines innovativen 3D-Fußscanners die Zusammenarbeit mit einer externen Design-Agentur gesucht. Das bisherige Resultat der Kooperation: Mifitto entschied einen Pitch bei einem führenden deutschen Sportgeschäft für sich und konnte daraufhin sein Produkt erfolgreich am Markt in Deutschland, USA und Kanada etablieren.

Beispiel Mifitto: Mit dem Produkt Marke und Innovationspotenzial widerspiegeln

"Wenn wir bei der Produktentwicklung keine Unterstützung von professionellen Designern gehabt hätten, wären wir nicht da, wo wir heute stehen", sagt Mifitto-Gründer Thomas Harmes. Das Duisburger Startup  hat sich auf digitale Größenberatung für den Schuhhandel spezialisiert und neben einer App für den eCommerce auch eine Hardware-Lösung für den stationären Handel entwickelt. Der 3D-Fußscanner kommt mittlerweile in über 250 Sportgeschäften in Deutschland, USA und Kanada zum Einsatz.

Das erste Modell dazu hatte das Mifitto-Team noch selbst entwickelt. Dabei orientierte sich das Design vor allem an individuellen Kundenwünschen. Für die Herstellung des Produktes bedeutete dies, dass sie kaum skalierbar und dementsprechend kostenintensiv war. Veränderte technische Voraussetzungen erforderten schließlich ein komplettes Redesign. Dafür holte sich das Gründerteam mit der Duisburger Design-Agentur Unyt professionelle Unterstützung an Bord.

"Unsere Anforderungen bei der Entwicklung des Designs bestanden darin, dass die visuelle Qualität des Produktes mit dem übereinstimmt, was die Technologie an Intelligenz und an Innovationspotenzial mit sich bringt", sagt Oliver Lück von Unyt. "Wir wollten ein System entwickeln, das die Komplexität von Produktion und Logistik reduziert, das dem Corporate Design von Mifitto entspricht und nicht dem einer anderen Marke, und das vor allem von den Nutzern akzeptiert wird."

Nach einer intensiven Vorarbeit, Beobachtung des Nutzerverhaltens mit dem Ursprungsmodell inklusive, entwickelten die Designer ein Modell, das User Experience genauso wie Herstellung, Logistik und Corporate Design berücksichtigte.

War die Produktentwicklung auf ein halbes Jahr angesetzt, kam der 3D-Fußscanner auf Kundennachfrage wesentlich schneller auf den Markt als Mifitto und Unyt dies geplant hatten. “Manchmal wird ein Produkt zur Marktreife gezwungen”, sagt Thomas Harmes. Auch wenn das Produktdesign zunächst anders ausfiel als geplant, hat es sich inzwischen erfolgreich am Markt etabliert.

Fazit: Mehr Kooperation!

Die Zusammenarbeit zwischen Startups und Designern ist weder ein Selbstläufer noch Erfolgsgarant. Zudem sind die besonderen Herausforderungen der finanziellen Situation und der mitunter unberechenbaren Entwicklung nicht zu unterschätzen.

Die Chance jedoch, die das Zusammenwirken von innovativer Technologie und Design erwiesenermaßen mit sich bringt, sollte gerade für Startups nutzbar sein. Programme und Initiativen wie Bridge in den USA, DesignSeed in der Schweiz, der InnovationsFabrik an der Uni Duisburg-Essen oder neuerdings dem Salon des Créateurs in Dortmund, helfen hier eine Brücke zu schlagen. Davon sollte es noch viel mehr geben.